Das sind die Forderungen der Apothekerschaft
Die Apotheken in Deutschland stehen unter Druck. Nach der Coronavirus-Pandemie haben die Apotheken derzeit mit der Lieferengpass-Krise, dem Personalmangel und der überbordenden Bürokratie zu kämpfen. Dabei setzen sich die Apothekenteams weiterhin Tag für Tag unermüdlich für das Wohl Ihrer Patientinnen und Patienten ein – sie halten Rücksprache mit Arztpraxen, suchen händeringend nach Alternativpräparaten, versorgen nachts und am Wochenende und beliefern via Botendienst.
Von der Politik erhalten die Apotheken dafür schon seit Jahren keine Wertschätzung mehr. Zwar bedankten sich viele Politikerinnen und Politiker während der Pandemie für den Einsatz der Apothekenteams. Als eines ihrer ersten Gesetze im Gesundheitsbereich verabschiedete die Ampel-Koalition Ende 2022 allerdings ein Spargesetz, mit dem de facto auch das Apothekenhonorar gesenkt wurde. Die bislang letzte Erhöhung des Apothekenhonorars war 2013 und liegt inzwischen zehn Jahre zurück! Zehn Jahre, in denen nicht nur die Inflation, sondern auch die Kosten für Personal, Energie und den Wareneinsatz deutlich gestiegen sind. Bei der Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten brauchen die Apotheken zudem mehr Beinfreiheit: Die Apothekenteams müssen mit Blick auf die zunehmenden Lieferengpässe Arzneimittel flexibler austauschen dürfen, um die Patientinnen und Patienten schnell versorgen zu können – ohne dabei zu befürchten, dass ihnen die Krankenkassen mittels sogenannter Null-Retaxationen die Vergütung streichen.

Diese und andere Forderungen hat die ABDA als Spitzenorganisation der Apothekerschaft in einem 10-Punkte-Forderungskatalog für 2023 und darüber hinaus zusammengefasst. Der politische Fokus in diesen Forderungen richtet sich gegen zu viel Bürokratie und für mehr Wertschätzung seitens der Bundesregierung. Das wurde schon auf einer Pressekonferenz Mitte März in Berlin sowie im bundespolitischen Talkformat „Lass uns reden!“ deutlich. Die ABDA hat sich auf zahlreiche weitere politische Protestaktionen vorbereitet. In der Pharmazeutischen Zeitung lag Anfang Mai 2023 ein Plakatmotiv bei, das die gefährliche Apothekenpolitik der Ampel-Koalition aufgreift und das in den darauffolgenden Wochen auch außerhalb von Apotheken veröffentlicht wird. Außerdem hat die ABDA ihren Mitgliedsorganisationen drei Argumentationshilfen zur Verfügung gestellt, mit denen die Kammern und Verbände gegenüber der Politik, aber auch die Apothekenteams gegenüber den Patientinnen und Patienten die Forderungen der Apothekerschaft erklären können.
Mitte Mai haben sich dann die Bundesländer im Bundesrat erfreulicherweise einem Großteil der Forderungen der Apothekerschaft angeschlossen. Die Bundesländer haben in ihrer Stellungnahme zum ALBVVG festgehalten, dass die Vergütung der Apotheken vor Ort grundsätzlich überprüft werden müsse – mit dem Ziel die Betriebsstätten wirtschaftlich zu stärken. Der Bundesrat hat sich zudem für eine Entbürokratisierung in den Apotheken und die Abschaffung der Null-Retaxationen ausgesprochen. Wichtig ist, dass die Abgeordneten im Bundestag bei den anstehenden Beratungen des ALBVVG diese Botschaften aus den Bundesländern wahrnehmen. Die Bundesregierung will den Forderungen der Länder jedenfalls nicht folgen und sieht keinen Bedarf, die Apotheken wirtschaftlich zu unterstützen. Die ABDA hat kein Verständnis für das ignorante Vorgehen des Bundesgesundheitsministeriums.
Schon zuvor hatte die ABDA an die Bundestagsabgeordneten einen besonders auffälligen Brief geschickt: In dem Protest-Schreiben, das das Format DINA2 (ausgeklappt sogar DINA1) hat, werden die Politikerinnen und Politiker daran erinnert, wie schwerwiegend die Lieferengpass-Krise ist und dass die von der Bundesregierung geplante Pauschale für das Engpass-Management nicht ausreicht. Erfreulich ist, dass die Abgeordneten einige Punkte davon, wie beispielsweise die Abschaffung der Nullretaxationen und die Erhöhung der Engpass-Pauschale, inzwischen ähnlich sehen. Das zeigte die Erste Lesung des ALBVVG im Bundestag. Die wirtschaftliche Situation der Apotheken und somit das Apothekenhonorar sind aber weiterhin nicht Teil der politischen Debatte.
Bis in den Sommer des Jahres 2023 hinein wurden die Aktionen der ABDA daher zunehmend heftiger. Im Juni gab es dann zwei vorläufige Höhepunkte in der Eskalationsstrategie: Einerseits stand der diesjährige Tag der Apotheke am 7. Juni im Zeichen des politischen Protestes: Am Vortag des Tages der Apotheke informierte die ABDA auf einer Pressekonferenz in Berlin über den Start der Initiative „Zukunftsklau“. Dabei treten die ABDA und der pharmazeutische Nachwuchs (junge Apothekerinnen und Apotheker, PTA, PKA und Studierende) künftig Hand in Hand auf und weisen darauf hin, dass die flächendeckende Arzneimittelversorgung in den kommenden Jahrzehnten nur erhalten bleibt, wenn die Apotheken gestärkt werden. (Hier finden Sie alle Infos zum Start der Initiative.)
Am 14. Juni fand dann ein bundesweiter Apotheken-Protesttag statt, an dem sich laut einer ABDA-Umfrage eine überwältigende Mehrheit aller Apotheken beteiligte. Rund 86 Prozent aller Apotheken blieben an diesem Tag geschlossen, nur 1 Prozent aller Apotheken wollte nicht teilnehmen. Hinzu kamen Zehntausende Apothekerinnen und Apotheker und Apothekenangestellte, die auf zentralen Kundgebungen, Protestmärschen und Demonstrationen auf ihre Forderungen hinwiesen. In einer Video-Botschaft bedankte sich ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening für die Geschlossenheit und ermahnte die Politik mit Blick auf den anstehenden Beschluss des Lieferengpass-Gesetzes, die Forderungen der Apothekerschaft ernstzunehmen. (Hier finden Sie alle Infos zum Protesttag.)
Am 23. Juni wurde das Lieferengpass-Gesetz dann im Bundestag beschlossen. Auf den letzten Metern ergänzten die Bundestagsabgeordneten das Gesetz mit wichtigen Änderungsanträgen, durch die die Apotheken insbesondere durch Entbürokratisierung profitieren. So wird die Präqualifizierung beispielsweise gestrichen, Nullretaxationen werden in bestimmten Fällen nicht mehr erlaubt sein und die seit der Pandemie geltenden Austauschfreiheiten wurden verstetigt. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening kommentierte den Bundestagsbeschluss in einem Videostatement: Aus Sicht der ABDA sind die Erleichterungen für die Apothekenteams zwar zu begrüßen. Dass auch der Bundestag auf die wirtschaftliche Situation der Apotheken nicht eingegangen ist, kritisiert die ABDA.
Da sowohl die Bundesregierung als auch der Bundestag das Apothekenhonorar weiter ausklammerten, entschied sich die ABDA dazu während der politischen Sommerpause gegenüber der Politik „Nadelstiche“ zu setzen. Konkret sollte durch mehrere Aktionen weiterhin auf die wichtigste politische Forderung der Apothekerschaft hingewiesen werden: die seit Jahren überfällige Anpassung des Fixhonorars. Unter anderem versendete die ABDA an 110 gesundheitspolitische Entscheiderinnen und Entscheider ein sogenanntes Würfel-Mailing – also einen Brief, aus dem sich nach dem Öffnen ein Würfel entfaltet. Auf dem Würfel und in dem Brief wurden die wichtigsten Argumente für die Honoraranpassung genannt. Auch ihren Mitgliedern stellte die ABDA die Mailings unadressiert zur Verfügung, damit die Kammern und Verbände ihrerseits die Politikerinnen und Politiker anschreiben konnten.
Eine wichtige Botschaft, die die Apothekerschaft vom bundesweiten Protesttag mitnahm, war der Ruf nach mehr Patientenbeteiligung: Viele Apothekenteams berichteten, dass die Patientinnen und Patienten die Apotheken in ihren Forderungen gerne unterstützen würden, damit die Arzneimittelversorgung vor Ort erhalten bleibt. Aus einer Idee, die in der Apothekerschaft ihren Ursprung nahm, entstand dann die Postkartenaktion: Gemeinsam mit den beiden Partnern „Apotheken Umschau“ und „My Life“ ließ die ABDA für jede Apotheke 100 Postkarten produzieren, auf denen die Kundinnen und Kunden angeben konnten, warum sie ihre Apotheke behalten wollen. Die ABDA entfaltete die Aktion dann auch digital – auf „apoliebe.de“ konnten die Patientinnen und Patienten ihre Statements via Internet abgeben. Am 6. September stellte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening im Rahmen einer Pressekonferenz die Ergebnisse der Postkarten-Aktion vor: Hunderttausende Patientinnen und Patienten sprechen sich auf den Karten dafür aus, dass die Apotheken gestärkt und stabilisiert werden.
Mit den Patientenaussagen im Rücken hat Overwiening am 6. September auch die weiteren, standespolitischen Pläne für den Herbst 2023 angekündigt: Weil die Apothekenzahl noch schneller sinkt als zuvor, die Personallage in den Apotheken immer angespannter ist und den Apotheken mit Blick auf den Herbst eine verschärfte Lieferengpass-Lage droht, stellte die ABDA-Präsidentin Minister Lauterbach sechs Fragen. Neben der überfälligen Honoraranpassung geht es in den Fragen unter anderem um die flächendeckende Versorgung, die Kostenentwicklung in den Apotheken und Digital-Projekte. Lauterbach soll die Fragen am 27. September im Rahmen des Deutschen Apothekertages, bei dem er digital via Video zugeschaltet sein wird, beantworten. Damit alle Apothekenteams die Rede verfolgen können, empfiehlt die ABDA über die Landesapothekerverbände, die Apotheken am Nachmittag des 27. September aus Protest zu schließen.

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Am 23. Juni wurde das Lieferengpass-Gesetz im Bundestag beschlossen. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening zieht in ihrem aktuellen Video-Statement ein gemischtes Fazit. "Aus unserer Sicht wären tiefgreifendere und längerfristigere Maßnahmen an den Preisbildungssystemen nötig gewesen", betont sie in ihrer Stellungnahme.