Preisbildung bei Arzneimitteln

Wie ein Arzneimittelpreis gebildet wird, hängt davon ab, ob ein Medikament per Rezept vom Arzt verordnet oder auf bloßes Verlangen an den Patienten abgegeben wird. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sind die Preise staatlich reguliert, bei rezeptfreien herrscht freie Preisbildung. Für Rezeptur-Arzneimittel gibt es besondere Regeln.

Apothekerin hält ein Rezept in der Hand

Rezeptpflichtige Arzneimittel

Die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) regelt die Preisbildung aller verschreibungspflichtigen Arzneimittel. Der Grundgedanke dabei lautet, dass Patienten ein bestimmtes Arzneimittel in jeder Apotheke zu den gleichen Bedingungen bekommen sollen. Kranke Menschen sind – aus naheliegenden Gründen – zu einem Vergleich von Preisen oft kaum in der Lage. Ein Patient ist kein frei handelnder Nachfrager gemäß der Theorie einer freien Marktwirtschaft. In einem unregulierten System ließe sich nur schwer verhindern, dass Anbieter diese Notlage durch besonders hohe Preise ausnutzen. Bei einheitlichen Apothekenabgabepreisen muss sich dagegen niemand Sorgen machen, übervorteilt zu werden.

Apotheken erhalten ihre Vergütung in erster Linie aus der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel.  Sie erbringen aber daneben eine Vielzahl von Leistungen, für die es gar kein oder nur ein eingeschränktes Honorar gibt. Neben der pharmazeutischen Betreuung gehört dazu auch die Arzneimittelversorgung im Nacht- und Notdienst. Deswegen dienen die festen Abgabepreise mittelbar auch der Absicherung des Apothekenbetriebs und damit der flächendeckenden Versorgung der Patienten.

Ein einheitlicher Preis bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verhindert im Übrigen nicht den Wettbewerb. Er lenkt ihn aber in bestimmte, dem Erkrankten dienliche Bahnen – nämlich hin in Richtung eines Qualitäts-, Leistungs- und Servicewettbewerbs zwischen Apotheken. Da bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in der Hauptsache die Krankenkassen die Kosten tragen, profitiert er davon mehr als durch reinen Preiswettbewerb. Die Krankenkassen selbst wiederum können über Rabattverträge den Wettbewerb zwischen den Arzneimittelherstellern ausnutzen und so jedes Jahr Einsparungen in Milliardenhöhe erzielen.

Wie genau die Berechnung von Preisen für Fertigarzneimittel und Rezepturen geschieht, erläutern unsere Beispiele.

Nicht-rezeptpflichtige Arzneimittel

Rezeptfreie, apothekenpflichtige Arzneimittel sind seit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes im Jahr 2004 grundsätzlich von der Erstattung durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen. Seither unterliegen sie auch nicht mehr den Regelungen der AMPreisV. Der Gesetzgeber hat die Verkaufspreise für OTC-Präparate zur Selbstmedikation (OTC = over the counter = über den Handverkaufstisch) freigegeben. Jede einzelne Apotheke kann ihre Preise eigenverantwortlich kalkulieren.

Die Preiskalkulation des Apothekers für einzelne Medikamente oder das gesamte Sortiment kann verschiedene betriebswirtschaftliche und wettbewerbliche Aspekte beinhalten. So können die Einkaufskonditionen eines Produktes je nach Hersteller, Großhändler, Bestellmenge oder Saison variieren. Ein Zuschlag kann sich nach den Personal- oder Sachkosten in der Apotheke richten. Auch die Konkurrenzsituation, die durch das Angebot und die Preise benachbarter Apotheken bestimmt wird, kann die eigene Preiskalkulation beeinflussen. Nicht zu vergessen beim Apothekenverkaufspreis sind auch die 19 Prozent Mehrwertsteuer, die in Deutschland für sämtliche Arzneimittel gleichermaßen vom Staat erhoben und von der Apotheke abgeführt werden müssen.

Ein Sonderfall bei der Preiskalkulation liegt vor, wenn apothekenpflichtige Arzneimittel ausnahmsweise vom Arzt auf einem roten Rezept ("Muster 16") zu Lasten der GKV verordnet werden.  Für Kinder ist dies bis zum 12. Geburtstag sowie für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum 18. Geburtstag vorgesehen. Bei Erwachsenen ist diese Option nur im Rahmen der „OTC-Ausnahmeliste“ des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vorgesehen, wobei es um die Behandlung schwerwiegender Erkrankungen geht. Dann gilt die Arzneimittelpreisverordnung in der Fassung vom 31. Dezember 2003. Insofern muss der Hersteller einen entsprechenden Abgabepreis melden, der in der Apotheken-Software zur möglichen GKV-Abrechnung vorliegt.

Ein weiterer Sonderfall und ebenso durch die GKV voll erstattungsfähig sind verschreibungspflichtige empfängnisverhütende Mittel, allerdings nur bis zum vollendeten 22. Lebensjahr. Danach müssen diese Mittel trotz Rezeptpflicht genauso wie nicht-rezeptpflichtige Arzneimittel aus eigener Tasche bezahlt werden. Aufgrund der Entlassung der „Pille Danach“ aus der Rezeptpflicht, haben seit dem 1. März 2015 Versicherte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr nun auch Anspruch auf die Versorgung mit den nicht-verschreibungspflichtigen Notfallkontrazeptiva, soweit diese ärztlich verordnet werden.