Das sind die Forderungen der Apothekerschaft

Die Apotheken in Deutschland stehen unter Druck. Nach der Coronavirus-Pandemie haben die Apotheken derzeit mit der Lieferengpass-Krise, dem Personalmangel, der überbordenden Bürokratie und einer seit Jahren andauernden Unterfinanzierung zu kämpfen. Seit dem Jahresbeginn erklären die Apothekenteams ihren Patientinnen und Patienten zudem das neue E-Rezept-System, das mehr als holprig gestartet ist – schließlich kam es in den ersten Monaten zu zahlreichen Systemausfällen. Die Apothekenteams setzen sich Tag für Tag unermüdlich für das Wohl Ihrer Patientinnen und Patienten ein – sie halten Rücksprache mit Arztpraxen, suchen händeringend nach Alternativpräparaten, versorgen nachts und am Wochenende und beliefern via Botendienst.

Von der Politik erhalten die Apotheken dafür schon seit Jahren keine Wertschätzung mehr. Zwar bedankten sich viele Politikerinnen und Politiker während der Pandemie für den Einsatz der Apothekenteams. Als eines ihrer ersten Gesetze im Gesundheitsbereich verabschiedete die Ampel-Koalition Ende 2022 allerdings ein Spargesetz, mit dem auch das Apothekenhonorar gesenkt wurde. Die bislang letzte, minimale Erhöhung des Apothekenhonorars war 2013 und liegt inzwischen elf Jahre zurück! Elf Jahre, in denen nicht nur die Inflation, sondern auch die Kosten für Personal, Energie und den Wareneinsatz deutlich gestiegen sind. Alleine die Inflation ist in diesem Zeitraum um 38 Prozent geklettert. Diese chronische Unterfinanzierung führt schon seit Jahren dazu, dass sich die Apothekenzahl im Sinkflug befindet. Alleine im vergangenen Jahr sind 500 Apotheken weggefallen – so viele Apotheken gibt es im gesamten Bundesland Thüringen!

Fotograf: André Wagenzik

Bei der Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten brauchen die Apotheken zudem mehr Beinfreiheit: Die Apothekenteams müssen mit Blick auf die zunehmenden Lieferengpässe Arzneimittel flexibler austauschen dürfen, um die Patientinnen und Patienten schnell versorgen zu können – ohne dabei zu befürchten, dass ihnen die Krankenkassen mittels sogenannter Null-Retaxationen die Vergütung streichen.

Diese und andere Forderungen hat die ABDA als Spitzenorganisation der Apothekerschaft in einem 10-Punkte-Forderungskatalog für 2023 und darüber hinaus zusammengefasst. Der politische Fokus in diesen Forderungen richtet sich gegen zu viel Bürokratie und für mehr Wertschätzung seitens der Bundesregierung. Mitte Mai 2023 schlossen sich dann die Bundesländer im Bundesrat erfreulicherweise einem Großteil der Forderungen der Apothekerschaft an. Die Bundesländer hielten in ihrer Stellungnahme zum damals diskutierten Lieferengpass-Gesetz fest, dass die Vergütung der Apotheken vor Ort grundsätzlich überprüft werden müsse – mit dem Ziel die Betriebsstätten wirtschaftlich zu stärken. Der Bundesrat hat sich zudem für eine Entbürokratisierung in den Apotheken und die Abschaffung der Null-Retaxationen ausgesprochen. Die Bundesregierung wollte den Forderungen der Länder dann aber nicht folgen und sah keinen Bedarf, die Apotheken wirtschaftlich zu unterstützen. Die ABDA hat kein Verständnis für das ignorante Vorgehen des Bundesgesundheitsministeriums.

Bis in den Sommer des Jahres 2023 hinein wurden die Protest-Aktionen der ABDA daher zunehmend heftiger. Im Juni gab es dann zwei vorläufige Höhepunkte in der Eskalationsstrategie: Einerseits stand der diesjährige Tag der Apotheke am 7. Juni im Zeichen des politischen Protestes: Am Vortag des Tages der Apotheke informierte die ABDA auf einer Pressekonferenz in Berlin über den Start der Initiative „Zukunftsklau“. Dabei traten die ABDA und der pharmazeutische Nachwuchs (junge Apothekerinnen und Apotheker, PTA, PKA und Studierende) künftig Hand in Hand auf und weisen darauf hin, dass die flächendeckende Arzneimittelversorgung in den kommenden Jahrzehnten nur erhalten bleibt, wenn die Apotheken gestärkt werden.

Am 14. Juni 2023 fand dann ein bundesweiter Apotheken-Protesttag statt, an dem sich laut einer ABDA-Umfrage eine überwältigende Mehrheit aller Apotheken beteiligte. Rund 86 Prozent aller Apotheken blieben an diesem Tag geschlossen, nur 1 Prozent aller Apotheken wollte nicht teilnehmen. Hinzu kamen Zehntausende Apothekerinnen und Apotheker und Apothekenangestellte, die auf zentralen Kundgebungen, Protestmärschen und Demonstrationen auf ihre Forderungen hinwiesen. In einer Video-Botschaft bedankte sich ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening für die Geschlossenheit.

Am 23. Juni 2023 wurde das Lieferengpass-Gesetz dann im Bundestag beschlossen. Auf den letzten Metern ergänzten die Bundestagsabgeordneten das Gesetz mit wichtigen Änderungsanträgen, durch die die Apotheken insbesondere durch Entbürokratisierung profitieren. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening kommentierte den Bundestagsbeschluss in einem Videostatement: Aus Sicht der ABDA sind die Erleichterungen für die Apothekenteams zwar zu begrüßen. Dass auch der Bundestag auf die wirtschaftliche Situation der Apotheken nicht einging, kritisierte die ABDA.

Weil die Apothekenzahl immer schneller sinkt, die Personallage in den Apotheken immer angespannter ist und die Bundesregierung die wirtschaftliche Situation in den Apotheken weiterhin ignorierte, stellte die ABDA Minister Lauterbach mit Blick auf den Deutschen Apothekertag 2023 sechs Fragen. Neben der überfälligen Honoraranpassung ging es in diesen Fragen unter anderem um die flächendeckende Versorgung, die Kostenentwicklung in den Apotheken und Digital-Projekte.

Beim Deutschen Apothekertag 2023 war Minister Karl Lauterbach nur digital zugeschaltet. In seiner Rede ging er nur teilweise auf die Fragen der Apothekerschaft ein. Vielmehr stellte der Minister seinerseits die Eckpunkte einer Apothekenreform vor. Unter anderem plant das Bundesgesundheitsministerium, die Gründung von Filialapotheken zu erleichtern – beispielsweise durch die Abschaffung von Rezeptur-Möglichkeiten und Notdiensten. Die Apothekerschaft kritisierte dieses Vorhaben scharf und reagierte mit einem Faktenblatt auf die Vorschläge des Ministeriums: Die ABDA weist darauf hin, dass es für Patientinnen und Patienten zu erheblichen Nachteilen kommt, wenn Filialapotheken weniger Leistungen anbieten müssen.

Doch auch nach diesen Hinweisen lenkte das Ministerium nicht ein. Der Geschäftsführende Vorstand der ABDA beschloss daher, den gesamten Monat November 2023 zu einem Protestmonat zu machen. Im November fanden in Hannover, Dortmund, Stuttgart und Dresden vier zentrale Kundgebungen jeweils mittwochs ab dem 8. November statt - zeitgleich zu den eintägigen, flächendeckenden Apothekenschließungen in der jeweiligen Region. Hinzu kamen weitere Protestaktionen in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Zehntausende Menschen beteiligten sich an den regionalen Protesten. Die Medienpräsenz war groß. Auch die Politik reagierte mit unterstützenden Aussagen: Insbesondere prominente Landespolitiker sicherten den Apotheken zu, sich auf Bundesebene für eine wirtschaftliche Stärkung der Apotheken starkzumachen.

Kurz vor Weihnachten 2023 konkretisierte das Bundesgesundheitsministerium dann seine Eckpunkte und legte der ABDA erste Ideen für eine Apothekenreform vor. Darin verzichtet das Ministerium zwar auf Regelungen, die den Betrieb von Filialapotheken ohne Apothekerinnen und Apotheker oder Rezepturen ermöglicht hätten. Trotzdem enthalten die BMG-Pläne nach wie vor mehrere Regelungen, die die Versorgung der Patientinnen und Patienten gefährden würden. Unter anderem will das Ministerium eine Umverteilung des Apothekenhonorars realisieren – eine sofortige Stärkung und Stabilisierung der Apotheken ist allerdings weiterhin nicht vorgesehen. Positiv zu erwähnen ist, dass erstmals eine Dynamisierung des Fixhonorars geplant ist: Anhand von wirtschaftlichen Entwicklungen, wie beispielsweise der Inflationsrate, soll die Apothekerschaft künftig das Fixhonorar mit den Krankenkassen aushandeln. Die Spitzengremien der ABDA beschäftigten sich Ende des Jahres 2023 mit diesen Vorschlägen und übten deutliche Kritik: Die Umverteilung werde das System nicht stabilisieren und die Dynamisierung werde nicht erst 2027 gebraucht, sondern sofort. Die entsprechende Analyse schickte die ABDA an alle Bundestagsabgeordneten im Gesundheitsausschuss des Bundestages.

Obwohl der Minister nach den Eckpunkten im Dezember 2023 einen konkreten Referentenentwurf angekündigt hatte, hat das Bundesgesundheitsministerium bis in den Frühling hinein (Stand: 12. April 2024) keinen Entwurf vorgelegt. Die Lage für die Apotheken wird währenddessen aber immer bedrohlicher: Inzwischen ist klar, dass im vergangenen Jahr lediglich 62 neue Betriebsstätten eröffneten. Die Eröffnung neuer Apotheken wird also immer unattraktiver. Die ABDA kämpft weiter für den Erhalt der flächendeckenden Versorgung – und das tut sie nicht alleine. Bei einer einzigartigen Pressekonferenz in der Bundespressekonferenz verbündeten sich die Spitzen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der ABDA. Die Gesundheitsorganisationen kritisierten die Politik von Karl Lauterbach aufs Schärfste und forderten den Minister auf, die Versorgung im Sinne der Patientinnen und Patienten zu stabilisieren. Jeder einzelne Verband kündigte für die kommenden Monate neue Protestmaßnahmen an.

Fotograf: André Wagenzik, Dresdner Verpackungstagung, Deutsches Verpackungsinstitut e. V.

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Statement von ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening aus der Bundespressekonferenz am 11. April 2024 in Berlin

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ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening zieht ein positives Fazit über den Protestmonat der Apothekerinnen und Apotheker sowie PKA und PTA. Im November 2023 hatte es jeweils mittwochs vier Kundgebungen in Hannover, Dortmund, Stuttgart und Dresden gegeben. Viele Apotheken blieben geschlossen, um gegen die aktuelle Sparpolitik der Bundesregierung zu protestieren und für mehr wirtschaftliche Stabilität der öffentlichen Apotheke zu kämpfen.

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Am 23. Juni wurde das Lieferengpass-Gesetz im Bundestag beschlossen. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening zieht in ihrem aktuellen Video-Statement ein gemischtes Fazit. "Aus unserer Sicht wären tiefgreifendere und längerfristigere Maßnahmen an den Preisbildungssystemen nötig gewesen", betont sie in ihrer Stellungnahme.

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