3 Fragen an Martin Schulz

In der kommenden Woche startet die Europäische Impfwoche. Passend dazu schauen wir auf ein Interview mit Prof. Dr. Martin Schulz, dass er vor kurzem dem "ersatzkasse magazin" gegeben hat.  Der Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) äußert sich zur Impfsituation.

ersatzkasse magazin: "Die Schutzimpfungen gegen Covid-19 haben begonnen. Wo sehen Sie die besonderen Herausforderungen der Corona-Impfstoffe im Vergleich zu anderen Impfstoffen?"

Prof. Dr. Martin Schulz: "Die Herausforderungen sind vielfältig: Neben der Logistik, Stichwort Kühlkette, ist die bis auf Weiteres begrenzte Menge an Impfstoffen bei weltweitem Bedarf im Verhältnis zu einem individuell dringend empfundenen Impfbedürfnis ein großes Problem. Auch ist auf die unbedingt notwendige zweite Impfung mit den derzeitig zugelassenen mRNA-Impfstoffen spätestens nach 42 Tagen hinzuweisen. Weiterhin ist eine gegebenenfalls überzogene Erwartungshaltung zu korrigieren: Auch nach angenommener Immunisierung bei maximal 95 Prozent der vollständig Geimpften müssen diese nach derzeitigem Kenntnisstand an bestehenden Abstands-und Hygieneregeln festhalten. Letztendlich können noch nicht alle sehr seltenen Nebenwirkungen bekannt sein."

ersatzkasse magazin: "Wie schätzen Sie die Sicherheit der in der Europäischen Union bereits zugelassenen neuen Impfstoffe generell ein?"

Prof. Dr. Martin Schulz: "Der bedingten Zulassung in der EU folgend, müssen vor allem Daten zur Langzeitsicherheit und -wirksamkeit durch stringente Fortführung von Studien sowie die Arzneimittelüberwachung nach dem Inverkehrbringen transparent gemacht und schnellstmöglich sowie fortlaufend kommuniziert werden. Bei weniger als einem von 1.000 Geimpften kann es zu bislang noch unbekannten Nebenwirkungen kommen, die jedoch aufgrund der enormen Impfstoff-Verabreichung ein hohes numerisches Meldeaufkommen bedingen können."

ersatzkasse magazin: "Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Impfbereitschaft in Deutschland entwickeln – und wird es gelingen, die Verbreitung des Virus wirksam einzudämmen?"

Prof. Dr. Martin Schulz: "Für eine hohe Akzeptanz der Covid-19-Impfung sind Transparenz und Aufrichtigkeit, vor allem in der Kommunikation von Unsicherheiten, entscheidend. Die Impfmüdigkeit zählt unter anderem nach Auffassung der Weltgesundheitsorganisation zu einer der größten globalen gesundheitlichen Risiken. Vor allem die Heilberufler, wie Apotheker-Innen, sind daher aufgerufen, Falschnachrichten in Verbindung mit der Impfung beziehungsweise den neuen Impfstoffen zu erkennen und zu begegnen, um eine bestmögliche Impfquote zu erzielen und damit eine weitere Verbreitung der Covid-19-Erkankung einzudämmen. Ob das Coronavirus aber mit allen seinen Mutationen weltweit je wirksam eingedämmt werden wird, kann bis dato niemand, jedenfalls ich nicht, voraussagen."

Das Interview ist im "ersatzkasse magazin" in der 1. Ausgabe 2021 erschienen.