Zurück zur "Apotheke Europas"?

Beim „Deutschlandfunk“ ist ein Feature über Lieferengpässe von Arzneimitteln online abrufbar. Der Autor Ludger Fittkau begibt sich auf die Spuren der letzten großen Antibiotika-Fabrik in Hessen, die im Jahr 2017 in Frankfurt-Hoechst aus Kostengründen stillgelegt wurde. Viele Medikamente werden nun fast ausschließlich in China und Indien hergestellt. Unter anderem spricht Ludger Fittkau mit Hessens Sozialminister Kai Klose darüber, wie die Produktion nach Europa zurückgeholt werden könnte. Der Grünen-Politiker ist alarmiert. Wenn man jetzt sehe, dass vier von sechs Produktionsstätten für Vorstufen der Produkte, die mal in Höchst hergestellt wurden nun in China hergestellt würden, zeige es wie abhängig man in Europa sei, sagte er und schlug drei Maßnahmen vor. „Option Eins: Subventioniere ganz direkt über die Bezuschussung von Investitionen, die Produktion von Antibiotika hier“, erklärte Kai Klose und fügte hinzu: „Man könnte aber auch überlegen, ob man die Endpreise erhöht für die Produkte. Dann müssten wir alle auch wiederbereit sein, vor allem auch die Kostenträger, dass die Preise für Antibiotika beispielsweise wieder steigen. Das könnte aber ein Weg sein, um auch ein Teil der Arzneistoffe wieder in Deutschland oder Europa zu produzieren.“ Als drittes könne man überlegen, ob man die Kapazitäts-Bereitstellung staatlich vergüte, so der Grünen-Politiker: „Das heißt, wenn ich bereit bin, in Europa zu produzieren, dann habe ich sozusagen einen privilegierten Marktzugang auch auf dem europäischen Markt. Das haben wir auch als Bundesratsinitiative vor paar Jahren schon mal eingebracht. Ich glaube auch das könnte ein guter Weg sein. Ich glaube allerdings, da müssten wir dann den gesamten europäischen Markt betrachten, nicht den deutschen alleine. Das wäre wahrscheinlich von der Masse oder von einer Menge, die man dann zusammenbekommt, einfach nicht ausreichend.“ Das Feature „Zurück zur ‚Apotheke Europas‘? Auf den Spuren eines unnötigen Mangels“ wird heute Abend um 19:15 Uhr im „Deutschlandfunk“ gesendet und ist online bereits abrufbar.

Nach den Lehren aus der Corona-Krise mit den Lieferengpässen für versorgungsrelevante Wirkstoffe aus Asien reagieren nun auch Gesundheitspolitiker. Die Bundesregierung will die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Hälfte dieses Jahres nutzen, um das Thema auf europäischer Ebene voranzubringen. „Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind ein europaweites Problem, das wir auch auf europäischer Ebene angehen müssen. Wichtige Wirkstoffe werden oft nur noch in Fernost hergestellt“, sagte auch ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold kürzlich in einer Pressemitteilung der ABDA. „Mit unserem Fachwissen wollen wir die deutsche Politik in Brüssel unterstützen, Wege zu finden, wie man die Arzneimittelproduktion in Europa stärken kann.“ Die ABDA will am 1. Dezember auf einer Veranstaltung in Brüssel die Herausforderungen rund um diese Problematik beleuchten und mögliche Lösungsansätze diskutieren. Wegen der COVID-19-Pandemie findet die Konferenz - entsprechend der dann aktuellen Lage - entweder als Präsenzveranstaltung in Brüssel oder als Online-Veranstaltung statt. Diese Veranstaltung ist Teil des assoziierten Programms des Bundesministeriums für Gesundheit im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020.

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