Rote-Hand-Brief zu Victrelis® (Boceprevir)
Die Firma MSD Sharp & Dohme GmbH informiert in Abstimmung mit der Europäi-schen Arzneimittelbehörde (EMA) in Form eines Rote-Hand-Briefs über neue Erkenntnisse zu Interaktionen zwischen Boceprevir (Victrelis®), einem oralen Hepatitis-C-Virus(HCV)-NS3/4A-Protease-Inhibitor, und Ritonavir-geboosterten HIV-Protease-Inhibitoren. Victrelis® Hartkapseln sind indiziert bei chronischer Hepatitis-C-Infektion vom Genotyp 1 in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin bei erwachsenen Patienten mit kom-pensierter Lebererkrankung, die nicht vorbehandelt sind oder die nicht auf eine vorange-gangene Therapie angesprochen bzw. einen Rückfall erlitten haben. Eine pharmakokinetische Studie bei gesunden Freiwilligen hat gezeigt, dass die gleichzei-tige Anwendung von Boceprevir mit Ritonavir-geboostertem Atazanavir, Darunavir oder Lopinavir Folgendes bewirkte:
- Deutliche Abnahme der Plasmakonzentrationen der Ritonavir-geboosterten HIV-Protease-Inhibitoren mit Reduktion der mittleren Talspiegel von Atazanavir, Darunavir und Lopinavir um 49 Prozent, 59 Prozent bzw. 43 Prozent.
- Abnahme der Plasmakonzentrationen von Boceprevir um 45 Prozent bei gleichzeitiger Anwendung mit Lopinavir/Ritonavir sowie um 32 Prozent bei gleichzeitiger Anwendung mit Darunavir/Ritonavir. Dagegen führte die gleichzeitige Anwendung von Atazanavir/Ritonavir und Boceprevir zu keiner nennenswerten Änderung der Plasma-konzentration von Boceprevir.
Diese Wechselwirkungen können für Patienten bedeutsam sein, die sowohl an einer chro-nischen Hepatitis-C-Infektion als auch an einer HIV-Infektion leiden, denn sie können die Wirksamkeit sowohl von Boceprevir als auch der genannten HIV-Protease-Inhibitoren vermindern. Daher wurde der Abschnitt „Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen“ der Fachinformation von Victrelis® wie folgt aktualisiert:
- Die gleichzeitige Anwendung von Boceprevir und Darunavir/Ritonavir oder Lopinavir/Ritonavir wird nicht empfohlen.
- Die gleichzeitige Anwendung von Atazanavir/Ritonavir und Boceprevir führte zu einer geringeren Atazanavir-Plasmakonzentration, die mit einer verminderten Wirksamkeit und einem Verlust der HI-Virussuppression verbunden sein kann. Falls die gleichzeitige Anwendung als notwendig erachtet wird, könnte diese im Rahmen einer Einzelfallbe-wertung bei Patienten in Betracht gezogen werden, die eine supprimierte HIV-Viruslast aufweisen und bei denen kein Verdacht auf eine Resistenz des HIV-Stammes gegen-über dem HIV-Therapieregime besteht. In diesem Fall ist eine vermehrte klinische Kontrolle und Überwachung der Laborparameter erforderlich.
Fach- und Gebrauchsinformationen von Victrelis® wurden überarbeitet. Sie werden nach der Bestätigung der Änderungen durch die Europäische Kommission bereit gestellt. Ärzte sollten die möglichen Interaktionen mit allen Patienten besprechen, die derzeit mit einem HIV-Protease-Inhibitor und Victrelis® behandelt werden. Die Patienten sollten in Bezug auf das Ansprechen auf die HCV-Behandlung und auf einen möglichen Wiederan-stieg der HCV- und HIV-Viruslast engmaschig überwacht werden. Den Patienten sollte ge-raten werden, ihren Arzt zu kontaktieren, bevor sie irgendeines ihrer Medikamente abset-zen. Daten zu pharmakokinetischen Arzneimittelwechselwirkungen mit anderen Ritonavir-geboosterten HIV-Protease-Inhibitoren liegen nicht vor. Weitere Informationen können beim MSD Infocenter unter der Telefonnummer 0800 673 673 673 nachgefragt werden. Apotheken sollten alle Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen in Zusammenhang mit der Anwendung von Boceprevir per Berichtsbogen melden.
Alle Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen werden an das BfArM weitergeleitet. Eine direkte Meldung von Verdachtsfällen unerwünschter Arzneimittelwirkungen an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinpro-dukte, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn, Fax-Nr. 0228 2075207 oder elektro-nisch über das Internet an www.bfarm.de/Pharmakovigilanz/Formulare und auch an den pharmazeutischen Unternehmer MSD Sharp Dome GmbH per Fax (089 45611352) oder per E-Mail (arzneimittelsicherheit(at)msd.de) ist möglich. Quelle: http://www.bfarm.de/DE/Pharmakovigilanz/risikoinfo/2012/rhb-victrelis.html