Pankreaskarzinome in Zusammenhang mit Exenatid (Byetta®)
Die AkdÄ berichtet in einer Drug Safety Mail vom 13. Mai 2011 über Pankreaskarzinome bei zwei mit Exenatid behandelten Patienten: Eine übergewichtige, 63-jährige Patientin mit langjährigem Typ-2-Diabetes wurde wegen starker Gewichtszunahme unter Insulin im Januar 2009 auf Exenatid umgestellt. Die Patientin nahm ab, jedoch ab September des Jahres so rasch, dass Exenatid wieder abgesetzt wurde. Im Januar 2010 führte eine Erhöhung der Cholestaseparameter zur Diagnose eines Pankreaskopfkarzinoms. Ein 49-jähriger Patient, der seit 2007 mit Metformin und ab September 2009 zusätzlich mit Exenatid behandelt wurde, verlor im Verlauf eines Jahres etwa 15 kg an Gewicht. Im September 2010 wurde ein primär inoperables Pankreaskopfkarzinom festgestellt. Das Inkretinmimetikum (GLP-1-Analoge) Exenatid (Byetta®) ist in Kombination mit Metformin, einem Sulfonylharnstoff oder einem Glitazon zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen, wenn durch eine orale Therapie allein keine angemessene Blutzuckerkontrolle erreicht wird. Die AkdÄ empfiehlt den Einsatz von Exenatid nur in speziellen Situationen, zum Beispiel bei starkem Übergewicht oder deutlicher Gewichtszunahme nach Beginn einer Insulintherapie. Zu den häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) von Exenatid gehören Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Häufig wird unter Exenatid ein - meist erwünschter - Gewichtsverlust beobachtet. Die AkdÄ hatte 2008 auf Pankreatitiden in Zusammenhang mit der Anwendung von Exenatid aufmerksam gemacht (siehe Pharmazeutische Zeitung Nr. 9 vom 28. Februar 2008, Seite 118). In der Datenbank des deutschen Spontanmeldesystems (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ) sind elf Meldungen von Pankreaskarzinomen in Zusammenhang mit Exenatid registriert. In einem weiteren Fall wurde ein Pankreaskarzinom bei einem Patienten unter dem 2009 eingeführten GLP-1-Analogen Liraglutid (Victoza®) berichtet, der zuvor mit Exenatid behandelt worden war. Das Alter der Patienten (vier Frauen, sieben Männer) liegt im Mittel bei 60,8 Jahren. Zwischen dem Beginn der Behandlung mit Exenatid und der Diagnose eines Pankreaskarzinoms vergingen im Mittel 12,2 Monate. Eine plausible pathomechanistische Erklärung gibt es bislang nicht. Andere Neoplasien wurden nur in Einzelfällen gemeldet. Die Zahl der Meldungen über Pankreaskarzinome unter anderen Antidiabetika war nicht auffällig. Pankreaskarzinome unter Exenatid könnten aufgrund eines sogenannten Reporting Bias vermehrt gemeldet worden sein: Möglicherweise werden Pankreaskarzinome unter Exenatid-Behandlung eher gemeldet als andere Karzinome, weil Pankreatitiden als UAW von Exenatid bekannt sind. Die Auswertung der spontan gemeldeten Fälle aus der Datenbank der FDA zeigte im Vergleich mit anderen Antidiabetika (Rosiglitazon, Nateglinid, Repaglinid und Glipizid) eine erhöhte Berichtsfrequenz von Pankreaskarzinomen und Pankreatitiden in Zusammenhang mit Exenatid sowie dem DPP-4-Hemmer Sitagliptin. Die gemeldeten Fälle aus Deutschland und den USA werden von der AkdÄ als Hinweis auf ein Sicherheitsproblem (Signal) gewertet. Ob unter Exenatid tatsächlich ein erhöhtes Risiko für Pankreaskarzinome besteht, muss genauer untersucht werden. Anlass zu Änderungen der Indikationsstellung für Exenatid besteht derzeit nicht. Jedoch sollten Patienten, die mit GLP-1-Analoga behandelt werden, in angemessener Weise über offene Fragen zum Sicherheitsprofil aufgeklärt werden. Nutzen und mögliche Risiken müssen sorgfältig abgewogen werden. Langzeitdaten zu patientenrelevanten Endpunkten (zum Beispiel diabetische Komplikationen, kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität) liegen aber noch nicht vor. Kommt es bei Patienten unter Behandlung zu einem auffällig hohen Gewichtsverlust, sollte sorgfältig nach möglichen anderen tumorassoziierten Symptomen gefragt und die Indikation zur weiteren Diagnostik großzügig gestellt werden, besonders wenn weitere Risikofaktoren für die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms vorliegen. Quelle:
www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/DSM/Archiv/2011-155.html
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