PZ 25/12 Potenzielle Risiken durch Rückzug des neu zugelassenen Antiepileptikums Retigabin
InformationPotenzielle Risiken durch Rückzug des neu zugelassenen Antiepileptikums Retigabin AMK / Trobalt® enthält das Antiepileptikum Retigabin, das eine bestimmte Gruppe spezifisch neuronal exprimierter Kaliumkanäle aktiviert und sich so hyperpolarisierend auf das Membranpotential auswirkt. Dadurch wird die Erregbarkeit von neuronalen Zellen vermindert, wodurch sich das Anfallpotenzial verringert. Trobalt® ist EU-weit zugelassen als Zusatztherapeutikum für fokale Krampfanfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Erwachsenen mit Epilepsie im Alter von 18 Jahren und darüber.
Eine Nutzenbewertung neuer Arzneimittel sehen die Regelungen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) vor. Dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) fällt hierbei, in der Regel basierend auf einem Gutachten des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), die (frühe) Zusatznutzenbewertung neu zugelassener Arzneimittel nach § 35a SGB V zu. Die Beschlussfassung des G-BA stellt eine Entscheidungsgrundlage dafür dar, wie viel die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), vertreten durch den Spitzenverband Bund der GKV für neu zugelassene Arzneimittel erstattet.
Nachdem am 15. Mai 2011 das Nutzenbewertungsverfahren nach § 35a SGB V initiiert wurde, informierte am 3. Mai 2012 der G-BA auf seiner Internet-Seite über den Beschluss (www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/3/) zu Retigabin. Demnach konnte der Zusatznutzen von Retigabin im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie wegen unvollständig vorgelegter Nachweise im eingereichten Dossier des pharmazeutischen Unternehmers, nicht belegt werden. Der G-BA hatte Lamotrigin und Topiramat als Vergleichstherapie festgelegt. Der pharmazeutische Unternehmer verglich in seinem Dossier Retigabin mit Lacosamid und wich damit von der Festlegung des G-BA ab.
Daraufhin hatte die Firma GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG mitgeteilt, keine Preisverhandlungen mit der GKV aufzunehmen sondern das Arzneimittel in Deutschland vom Markt zu nehmen (so genanntes Opt-out Verfahren, siehe auch die AMK-Meldung zu Trobalt® in dieser Ausgabe). Im ABDA-Artikelstamm wird der Vertriebsstatus von Trobalt® zum nächst möglichen Termin auf „zurückgezogen“ geändert. Dies wird voraussichtlich zum 1. Juli 2012 der Fall sein.
Aus Gründen der Arzneimitteltherapiesicherheit weist die AMK darauf hin, das bei Beendigung der Behandlung mit Retigabin wie auch bei anderen Antiepileptika die Dosis schrittweise reduziert werden muss, um das potenzielle Risiko für Rebound-Krampfanfälle zu minimieren. Die Dosis von Retigabin sollte über einen Zeitraum von mindestens 3 Wochen reduziert werden, es sei denn, Bedenken bezüglich der Sicherheit erfordern ein abruptes Absetzen (was hier in der Regel nicht der Fall ist).
Da jedes Absetzen und Umstellen einer wirksamen antiepileptischen Therapie jedoch mit einem erhöhten Risiko für Krampfanfälle einhergeht, empfiehlt die AMK, die Patienten und verordnenden Ärzte bezüglich dieser Sachverhalte umgehend zu informieren. Eine vom behandelnden Arzt als notwendig erachtete Weiterbehandlung kann durch Importe nach § 73 Absatz 3 AMG von Trobalt® aus dem europäischen Ausland in der Regel sicher gestellt werden.
Der Deutsche Apotheker-Verband (DAV) befindet sich aktuell zu den Details zur Abwicklung dieser Importe in Gesprächen mit den gesetzlichen Krankenkassen, im Besonderen mit der AOK (siehe Pressemitteilung der AOK vom 1.06.2012). / Quellen:
- GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, Fachinformation Trobalt® (Stand: März 2011).
- Europäischer Öffentlichen Beurteilungsberichts (EPAR) Trobalt® (5. April 2011); (www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/EPAR_-_Summary_for_the_public/human/001245/WC500104838.pdf)
- Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Neue Arzneimittel: Trobalt® (www.akdae.de/Arzneimitteltherapie/NA/Archiv/2011020-Trobalt.pdf).
- Arzneimittelversorgung für Trobalt®-Patienten jederzeit sichergestellt. Pressemitteilung der AOK vom 1. Juni 2012 (www.aok-bv.de/presse/pressemitteilungen/2012/index_08370.html).