PZ 24/12 Antiinfektiva können Sehstörungen und Augenschäden auslösen

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Antiinfektiva können Sehstörungen und Augenschäden auslösen


AMK / Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) weist in einer Pressemitteilung auf das Risiko unerwünschter Wirkungen am Auge durch Arzneimittel zur Behandlung schwerer bakterieller Infektionen und Pilzinfektionen hin.

Arzneimittelnebenwirkungen am Auge entwickeln sich meist recht langsam und oft erst nach längerer systemischer Therapie mit bestimmten Antibiotika und Antimykotika. Sie zeigen sich durch vielfältige Symptome und Befunde, weshalb sie durch Untersuchungen in der Routine nicht immer (rechtzeitig) erkannt werden. Arzneimittelnebenwirkungen am Auge treten häufiger bei hohen Dosierungen, bei Interaktionen, die zu hohen Arzneistoffspiegeln führen sowie bei Nieren- oder Leberinsuffizienz und bei genetisch prädisponierten Patienten auf.

Bei der Behandlung einer Lungenentzündung mit dem Ketolid-Antibiotikum Telithromycin können reversible Sehstörungen (Doppelbilder, Fern-Nahsicht-Adaptationsstörungen) auftreten. Zur Abklärung der Akkommodationsstörungen und Doppelbilder wird eine augenärztliche Untersuchung angeraten.

Veränderungen der Sehschärfe, Gesichtsfeldausfälle und dauerhafte Schädigungen des Sehnervs sind nach Anwendung des Antibiotikums Linezolid beobachtet worden. Linezolid wird bei schweren Haut- und Weichteilinfektionen und Pneumonien verursacht durch Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) und anderen grampositiven Erreger angewendet. Eine augenärztliche Untersuchung wird während einer Linezolid-Therapie empfohlen, wenn Patienten über Veränderungen des Sehvermögens, wie zum Beispiel verschwommenes Sehen, Farbsehstörungen berichten. Bei längerer Behandlung (> 28 Tage) sind regelmäßige Wiederholungen augenärztlicher Kontrollen erforderlich.

Antibiotika zur Tuberkulosetherapie können zu einer Neuropathie des Nervus opticus führen, deren individueller Verlauf nicht vorhersagbar ist. Sowohl reversible als auch irreparable Funktionsverluste des Sehens sind unter der Therapie mit Ethambutol, Isoniazid und Streptomycin aufgetreten. Häufig treten Farbsehstörungen als erste Symptome auf. Augenärztliche Untersuchungen auch ohne Vorliegen von Symptomen werden vor und während einer Therapie mit den genannten Antibiotika in den jeweiligen Fachinformationen und in Richtlinien zur TuberkuloseTherapie empfohlen. Rifabutin zur Behandlung von Infektionen mit dem Mycobacterium-avium-Komplex und das Nukleosidanalogon Cidofovir zur intravenösen Therapie der Cytomegalievirusretinitis bei HIV-Patienten können innerhalb der ersten 1-2 Tage eine Uveitis verursachen, die beschwerdefrei oder mit Schmerzen einhergehen kann. Daher wird eine augenärztliche Kontrolle in der Anfangsphase der Therapie mit diesen Antiinfektiva empfohlen.

Das Triazol-Antimykotikum Voriconazol ist zugelassen zur systemischen Therapie schwerer invasiver Candida-Infektionen, Aspergillosen sowie von Pilzinfektionen, die durch Scedosporium spp. und Fusarium spp. verursacht werden. Bei ca. 30 Prozent der Patienten, die mit Voriconazol behandelt wurden, sind Sehstörungen wie Farbsehstörungen, verschwommenes Sehen und Photophobien, vor allem am Therapiebeginn beobachtet worden. Meist handelte es sich dabei um reversible Sehstörungen, die innerhalb von Stunden spontan zurück gingen. Nur in wenigen Fällen sind sehr schwere Fälle beobachtet worden, die zum Therapieabbruch führten. Bei schwerer oder andauernder Symptomatik ist eine augenärztliche Konsultation anzuraten.
Durch eine individuelle Befragung und Information, besonders bei Patienten mit Augenerkrankungen, können augenärztliche Untersuchungen rechtzeitig initiiert werden. Das frühzeitige Erkennen von Nebenwirkungen am Auge ist für die Reversibilität toxischer Optikusneuropathien von großer Bedeutung. Bei der Auswahl von Antiinfektiva zur Behandlung schwerer Infektionen sollten Arzneimittelnebenwirkungen am Auge in die ärztliche Risiko-Nutzen-Bewertung einfließen. Zur Verlaufskontrolle sollten besonders bei den genannten Antiinfektiva augenärztliche Untersuchungen und gegebenenfalls wiederholte Kontrollen durch einen Augenarzt sichergestellt werden.

Apotheken sollten alle Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen am Auge im Zusammenhang mit der Einnahme von Antiinfektiva per Berichtsbogen an die Geschäftsstelle der AMK melden. Alle Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen werden an das BfArM/PEI weiter geleitet. /

Quellen:
Pressemitteilung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG); Behandlung von Infektionen kann Augen schädigen (Mai 2012), www.dog.de

Huber, M. und Stahlmann, R.; Arzneimittelnebenwirkungen am Auge bei systemischer Therapie mit Antiinfektiva. Dtsch. Med. Wochenschr. 137 (3) 2012: 85-89.

Schaberg, T., et al. Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DKZ); Richtlinien zur medikamentösen Behandlung der Tuberkulose im Erwachsenen- und Kindesalter. Pneumologie (55) 2001: 494-511.