PHARM-CHF

Kann eine optimierte Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und wohnortnahen Apotheken die Therapietreue bei Patienten mit chronischer Herzmuskelschwäche verbessern und Arzneimittelrisiken verringern? Diese Fragen waren Gegenstand der PHARM-CHF-Studie (Pharmacy-based interdisciplinary intervention for patients with chronic heart failure). Sie untersuchte als erste Apotheken-basierte randomisierte Studie in Deutschland die Wirksamkeit einer kontinuierlichen, interdisziplinären Intervention zur Verbesserung der Einnahmetreue und der Lebensqualität sowie zur Verminderung von Arzneimittelrisiken bei Patienten über 60 Jahren mit Herzinsuffizienz. Die Ergebnisse wurden im Frühjahr 2019 veröffentlicht.

Strukturierte und interdisziplinäre Betreuung

Die Studie wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Schulz (ABDA/seinerzeit Goethe-Universität Frankfurt) und Prof. Dr. Ulrich Laufs (seinerzeit Universität des Saarlandes) ab Herbst 2012 in neun Bundesländern durchgeführt. Die Patienten wurden von Ärzten rekrutiert und zufällig auf eine Kontroll- und eine Interventionsgruppe verteilt (‚randomisiert‘). Zu Beginn wurde mit den Patienten der Interventionsgruppe in ihrer Apotheke eine Medikationsanalyse Typ 2a durchgeführt und ein interdisziplinär konsolidierter Medikationsplan erstellt. Anschließend kamen die Patienten wöchentlich bzw. 14-tägig in die Apotheke, um ihre patientenindividuell gestellte und auf Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) geprüfte Medikation zu erhalten. Bei diesen Apothekenbesuchen beriet der Apotheker den Patienten zur Einnahme seiner Medikation, zur Einnahmetreue sowie zu möglichen Wechsel- und Nebenwirkungen. Zudem wurden Blutdruck und Puls gemessen. Bei neuen arzneimittelbezogenen Problemen oder Symptomen bzw. Zeichen einer kardialen Dekompensation wurde ein Arztbesuch angeraten bzw. dieser kontaktiert. Patienten der Kontrollgruppe erhielten diese intensivierte Betreuung nicht. Sie wurden unverändert von ihrem Arzt behandelt und von Apotheken ihrer Wahl mit Arzneimitteln versorgt.

Einnahmetreue und Lebensqualität verbessert

Untersucht wurde die Veränderung der mittleren Einnahmetreue (Adhärenz) bezüglich Betablockern, ACE-Hemmern/Sartanen und Mineralocorticoidrezeptor-Antagonisten im ersten Studienjahr. Patienten, die eine Proportion of days covered (PDC) von mindestens 80% aufwiesen (d. h., sie hatten für mindestens 80 % des Jahres Medikation), wurden in Übereinstimmung mit der Literatur als einnahmetreu definiert. Für die Auswertung standen die im Rahmen der Studie dokumentierten Daten sowie Informationen von Krankenkassen und Apothekenrechenzentren zur Verfügung.

Die Interventionsgruppe bestand aus 110, die Kontrollgruppe aus 127 Patienten. Diese waren im Durchschnitt 74 Jahre alt, 62 Prozent männlich und erhielten im Mittel neun verschiedene Arzneimittel. Interventions- und Kontrollgruppenpatienten waren insgesamt bzgl. aller relevanten Parameter ohne signifikanten Unterschied. Vor Studienbeginn lag ihre mittlere Einnahmetreue bei 68 % und nur 43 % der Patienten hatten eine PDC von mindestens 80 %. Die häufigste Gesamtbeobachtungsdauer der Patienten betrug zwei Jahre.

Im Vergleich zur üblichen Apothekenversorgung erhöhte sich durch die Intervention nach einem Jahr die Adhärenz gegenüber der Herzinsuffizienz-Medikation um absolut 5,7%. Auch der Unterschied im Anteil einnahmetreuer Patienten (PDC ≥ 80 %), 44 auf 86 % in der Interventionsgruppe, 42 auf 68 % in der Kontrollgruppe, war mit 18 Prozentpunkten signifikant besser. Besonders deutlich war die Verbesserung der Einnahmetreue bei Betablockern. Über ein Jahr zeigte sich ein signifikanter Unterschied von 8,4 Prozentpunkten zur Kontrollgruppe; dieser Effekt war auch im 2. Studienjahr signifikant.

Im ersten Jahr verbesserte sich die gesundheitsbezogene Lebensqualität in der Interventionsgruppe deutlicher als in der Kontrollgruppe; der Unterschied war aber nicht signifikant. Die Lebensqualität stieg im zweiten Studienjahr in der Interventionsgruppe aber weiter an, während sie sich in der Kontrollgruppe verschlechterte. Der Unterschied war nun nicht nur signifikant, sondern auch klinisch relevant.

Im Ergebnis verbesserte die PHARM-CHF-Intervention die Einnahmetreue von drei kombiniert betrachteten Arzneistoffklassen bei chronischer Herzinsuffizienz und erhöhte gleichzeitig den Anteil einnahmetreuer Patienten signifikant und relevant. Die Intervention führte zudem zu einer bedeutsamen Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Patientinnen und Patienten.