Reformempfehlungen für Arzneimittelzuzahlungen

Die spanische Behörde AIReF (Autoridad Independiente de Responsabilidad Fiscal), deren Aufgabe im Wesentlichen die Analyse und Prüfung der öffentlichen Finanzen auf eine nachhaltige Struktur hin ist, hat Empfehlungen zur Reform der Zuzahlungen für Arzneimittel gegeben. Mit diesen soll das gesundheitsökonomische Instrument weniger ineffizient und fairer eingesetzt werden. Konkret soll die Differenzierung zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und den mehr als 10 Millionen Rentnerinnen und Rentnern aufgehoben werden. Die Zuzahlung soll sich nach Ansicht der AIReF an Stelle dessen künftig unabhängig dieses Status am Einkommen der jeweiligen Person bemessen. Zur stärkeren Ausdifferenzierung sollen dafür verschiedene Einkommensgruppen definiert und das monatliche Zuzahlungslimit für Rentnerinnen und Rentner aufgehoben werden. Die weiteren zurzeit geltenden Regelungen für die Befreiung der Zuzahlung sollen jedoch bestehen bleiben. Diese betreffen beispielsweise Personen mit sehr geringem Einkommen oder Arbeitslose ab Überschreitung definierter Ausgabengrenzen. Rentnerinnen und Rentner sind in Spanien die Altersgruppe mit der höchsten Zahl an Arzneimittelverordnungen. Bis zum Jahr 2012 waren Arzneimittel, die im Rahmen des nationalen Gesundheitssystems (SNS- Sistema Nacional de Salud) verschrieben wurden, für diese vollständig kostenbefreit. Seit 2012 müssen sie 10 Prozent des Apothekenverkaufspreises selber tragen. Dabei liegt die Grenze bei einer Rente von unter 18.000 Euro bei 8,23 Euro im Monat und bei 18.000-100.000 Euro bei 18,52 Euro. Bei einer Rente von mindestens 100.000 Euro liegt die Zuzahlung bei 60 Prozent, die Grenze bei 61,75 Euro monatlich. Bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gibt es im Regelfall keine monatliche Begrenzung der Zuzahlung. Bei einem Einkommen von unter 18.000 Euro beträgt sie 40 Prozent, bei 18.000-100.000 Euro 50 Prozent und ab einem Einkommen von 100.000 Euro sind 60 Prozent zu leisten. Die Reform von 2012 führte zu einer Reduktion des Verbrauches und der Ausgaben für Arzneimittel von rund 12 Prozent. Ihre jetzigen Vorschläge begründet die AIReF damit, dass sich seit dem Tiefpunkt der Rezession bis zum jetzigen Zeitpunkt erhebliche Änderungen auf den Arbeitsmärkten und im Bereich der sozialen Sicherung ergeben haben. So wird beispielsweise angeführt, dass das durchschnittliche Arbeitseinkommen von Personen zwischen 20 und 24 Jahren im Jahr 2016 gut 11.300 Euro jährlich betrug, während das Einkommen von Rentnerinnen und Rentnern im gleichen Jahr auf mehr als 12.700 Euro angestiegen ist. Die geltende Bevorteilung von Rentnerinnen und Rentnern bei den Zuzahlungen führe dazu, dass die derzeitige Struktur eine ungleiche und schädigende Wirkung gegenüber wirtschaftlich und sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen ausübe, beispielsweise jungen und von sozialer Sicherung abhängigen Menschen. Mit der nun vorgeschlagenen Struktur zur Bestimmung der Höhe der Zuzahlung hin zum Einkommen als Grundlage soll der Zugang zu Arzneimitteln in der Bevölkerung verbessert werden. Gleichzeitig sollen im Zuge dessen Mittel wohlhabenderer Rentnerinnen und Rentner hin zu vulnerablen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern umgeschichtet werden. Dabei betont die AIReF, dass eine solche Umstrukturierung nicht als Möglichkeit für Einsparungen im SNS gesehen werden sollte. Das Sparpotenzial sei ohnehin überschaubar. Überdies könnte ein solcher Ansatz zu einer geringen politischen Durchsetzbarkeit der vorgeschlagenen Reform führen. (Text: Christine Herber/GB Ökonomie)

zurück zur Übersicht